SPD-Kreiskonvent rief zur Bewahrung der Demokratie auf
„Demokraten müssen wieder ihre Stimme erheben, für Vernunft, Menschlichkeit und Demokratie“. Zu diesem Ergebnis kam der SPD Kreisverband Neustadt/Aisch–Bad Windsheim bei einem Kreiskonvent mit den Ortsvereinen und der Kreistagsfraktion zum „Internationalen Tag der Demokratie“.
Mindestens dreimal im Jahr findet ein Kreiskonvent statt, um aktuelle Themen zu erörtern und Schlussfolgerungen für die zukünftige Politik des SPD Kreisverbandes festzulegen. Diesmal stand ein Vortrag des SPD-Landtagsabgeordneten Harry Scheuenstuhl zum Thema „Ist unsere Demokratie in Gefahr?“ im Mittelpunkt. Bereits in seinen einführenden Worten stellte der SPD Kreisvorsitzende Markus Simon fest, dass Meinungsfreiheit, Pressefreiheit und auch das freie, gleiche und geheime Wahlrecht Errungenschaften der Demokratie seien. Dies seien keine Selbstverständlichkeiten, sondern müssten täglich aufs Neue verteidigt werden.
Scheuenstuhl bedankte sich zu Beginn seiner Ausführungen, dass der SPD Kreisverband zum „Tag der Demokratie“, den die Vereinten Nationen 2007 ausriefen, eine solche Veranstaltung durchführte. Ziel, so Scheuenstuhl, sei schon damals die Förderung und Verteidigung der Grundsätze der Demokratie gewesen. Zur Frage, wie eine Demokratie, die Herrschaft durch das Volk aussehe, nannte er drei wesentliche Merkmale. Diese seien regelmäßige, freie, geheime und allgemeine Wahlen, das Vorhandensein einer Opposition, um überhaupt eine Wahlmöglichkeit zu haben und eine demokratische Verfassung, deren Merkmale das Rechtsstaatsprinzip und die Gewaltenteilung seien, sowie die Normierung von Grundrechten.
Scheitern der Weimarer Republik
Um jedoch die Frage beantworten zu können ob eine Gefahr bestehe, sei es notwendig, einen Blick in die Vergangenheit zu werfen. Schon einmal sei eine Demokratie, jene der Weimarer Republik, gescheitert. Die Ursachen dafür seien nicht allein in den damaligen wirtschaftlichen Verhältnissen zu suchen. Es habe in der Verfassung die Möglichkeit des Verbots verfassungswidriger Parteien sowie eine Sperrklausel bei Wahlen gefehlt und die Möglichkeit bestanden, „Notgesetze“, die gegen die Verfassung gerichtet waren, zu erlassen. Dies habe zu radikalen Splitterparteien, zur Uneinigkeit zwischen den Demokraten und zur Verrohung der Menschen sowohl sprachlich aber auch tatsächlich geführt, so Scheuenstuhl.
Er verwies in diesem Zusammenhang auch auf die Kreisstadt Neustadt, „in der die Nationalsozialisten schon in den zwanziger Jahren erstarkten und immer mehr Angriffe tatsächlicher Art erfolgten und Prangeranzeigen in der örtliche Presse erschienen“ Zwar habe das jetzige Grundgesetz viele Verbesserungen gegenüber der Weimarer Zeit, aber trotzdem seien einige Parallelen festzustellen, die der SPD-Politiker an den bürgerkriegsähnlichen Zuständen auf den Straßen Hamburgs beim G-20Gipfel und jüngst in Chemnitz aufzeigte. Angefacht durch eine Pegida-Bewegung, unterstützt durch eine angebliche Alternative seien Menschen gehetzt, Eigentum zerstört, Menschenrechte mit Füßen getreten, die Polizei als Teil der Exekutive missachtet und verhöhnt worden, führte Scheuenstuhl aus.
AfD ins Visier genommen
Wer dafür sei, Menschen ertrinken zu lassen, Grenzen unter Anwendung von Schusswaffen zu „verteidigen“, Gedenkstätten als Stachel und die NS-Gewaltherrschaft als „Mückenschiss in der Geschichte“ bezeichne und den Hitlergruß nicht mehr als Straftat sondern als „etwas völlig Normales“ sehet, gebe mehr als eindeutig zu verstehen, dass er nicht den Menschen im Mittelpunkt seiner sozialen Politik sehe, sondern ausschließlich die Machterlangung zur „Umgestaltung“ des Staates, wie es auch in den Wahlprogrammen dieser alternativen Partei stehe. Die Verrohung der Sprache werde genau durch solche Politiker vorangetrieben, „von ewig Gestrigen, die aus der Geschichte nichts gelernt haben“. „Genau diese Gefahr müssen wir, gerade wir Sozialdemokraten sehen, erkennen und dagegen vorgehen“, mahnte der Abgeordnete Scheuenstuhl in seinem Vortrag nach Nennung einiger Zitate führender AfD-Politiker.
Hierzu rief Scheuenstuhl zum Abschluss seines sehr ausführlichen und die Mitglieder beeindruckenden Vortrags auf. In der sich anschließenden Diskussion stellte Carsten Träger, MdB, fest, dass ein Umschwung in der Bevölkerung feststellbar sei. Von einer Willkommenskultur sei die Bevölkerung, beeinflusst durch das Ausspielen der Ärmsten gegen die Ärmsten, auf eine Abweisungs- und Ausweisungskultur umgeschwenkt. Der Ehrenkreisvorsitzende Gerhard Gröner verwies darauf, dass die Demokratie kein Selbstläufer sei. Auch die CSU habe in ihren Reihen offensichtlich rechtspopulistische Tendenzen. Anders, so Gröner, sei nicht zu erklären, wie vier CSU-Abgeordnete im EU-Parlament gegen die Einleitung eines Rechtsstaatsverfahrens gegen Ungarn, dessen Regierung die Pressefreiheit einschränke und Menschenrechte missachte, stimmten. Dies zeige die Grundtendenz in der CSU.
Anstandsgrenzen unterschiedlich gesehen
Man werfe dem SPD-Kreisverband öffentlich in einem Zeitungsbericht vor, dass dieser mit seiner Kritik an den Äußerungen des Landesvorsitzenden der Senioren-Union Goppel, eine politische Anstandsgrenze überschritten habe, man jedoch bei Äußerungen eines CSU-Ministerpräsidenten wie „Asyltourismus“, „Asylgehalt“ oder gar bei der Infragestellung der Koalition durch Nichtvorlage eines „Masterplanes“ eines CSU-Ministers, mit Anstandsgrenzen keinerlei Schwierigkeiten habe. Hieraus sei schon die Gesinnung der CSU erkennbar. Wenn in einem Brief, den ihn der Landesvorsitzende habe zukommen lassen, erklärt werde, Goppel sei in der Presse unvollständig zitiert worden, werde ein Weg beschritten, wie er eigentlich nur aus einer Richtung bekannt sei.
Auch daraus wird ersichtlich, dass die Demokratie nicht vollkommen sei und ständig weiterentwickelt werden müsse. Demokratie funktioniere nur, wenn man sich selbst beteilige. Und dies mache die örtliche SPD. Es sei in der jetzigen Zeit notwendig, Aussagen auch etablierter Parteien auf den Prüfstand zu stellen, durchaus auch die eigenen, um nicht selbst an der Demokratie Hand anzulegen, stellte Simon zum Abschluss der Veranstaltung fest. Die Diskussion habe gezeigt, wie wichtig den Sozialdemokraten die Demokratie sei. „Wir von der SPD stehen für ein menschliches Miteinander, für eine funktionierende Demokratie, bei der alle mit einbezogen werden. Wir müssen unsere Stimme wieder erheben, für Vernunft, Menschlichkeit und Demokratie“. Mit diesem Apell fasste Simon das Ergebnis zusammen.
Aktiv gegen Pflegenotstand
wirken Ein weiteres Thema, welches den Sozialdemokraten unter den Nägeln brenne, so Simon, sei das Volksbegehren zur Behebung des Pflegenotstandes; um dessen Unterstützung er nochmals bat. Die Attraktivität der Pflegberufe sei auf jeden Fall zu verbessern. Allerdings seien hierfür nicht nur bessere Entlohnungen notwendig. Ähnlich sahe es Heike Gareis, Seniorenbeauftragte der Stadt Neustadt/Aisch. Weiteres Geld zur besseren Bezahlung sei zwar sehr wünschenswert, ändere aber nichts daran, dass das Image der Pflegberufe desolat sei. Hier müsse ebenso angesetzt werden, wie an einer Entlastung des Personals, die nur durch einen besseren Schlüssel des Personals zu den Pflegenden erreicht werden könne. Diese wäre nicht nur eine Entlastung, sondern auch eine menschliche Geste gegenüber allen zu Pflegenden, da mehr menschliche Zuwendung möglich sei, so Gareis.